Ost und West beurteilen Journalismus und Demokratie in Deutschland anders

Dortmund. Östliche und westliche Bundesländer unterscheiden sich nicht nur in ihrem Wahlverhalten, sondern auch in ihrer Beurteilung des Journalismus und der Demokratie in Deutschland.

Während in Westdeutschland 64 Prozent der Befragten zufrieden mit dem Funktionieren der Demokratie in Deutschland sind, sind es in Ostdeutschland mit 46 Prozent deutlich weniger.

In den östlichen Bundesländern werden Journalistinnen und Journalisten zudem deutlich kritischer gesehen. 

Ausgeprägter ist bei den ostdeutschen Befragten beispielsweise der Eindruck, der Journalismus sei meist abhängig vom Einfluss durch „Mächtige“ aus der Politik. Diese Position vertreten sogar die Hälfte aller Befragten in den östlichen Bundesländern. Mehr als ein Drittel (36 %) vertreten die Position, dem Journalismus werde von Staat und Regierung vorgegeben, worüber sie berichten sollen. Im Westen vertreten 19 Prozent diese Position. 


Immerhin 27 Prozent der ostdeutschen Befragten halten den Journalismus ferner für nicht glaubwürdig, im Vergleich zu 14 Prozent im Westen. Ein Unterschied zeigt sich auch im Nachrichtenvertrauen: Während im Westen 59 Prozent angeben, man könne den Nachrichten in Deutschland größtenteils vertrauen, sind es im Osten mit 49 Prozent knapp unter der Hälfte der Befragten.

Ein Problem zeigt sich auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Während im Westen Deutschlands 70 Prozent der Befragten angaben, dass sie Fernsehen bzw. Radio vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk als vertrauenswürdig erachten, waren es im Osten lediglich 52 Prozent. 


„Zu sehr aus einer westlichen Perspektive“: Kritik am Journalismus in Deutschland

Interessant ist vor dem Hintergrund aktueller politischer Themen auch die Kritik, Journalisten würden in Deutschland zu sehr aus einer westlichen Perspektive beurteilen. Diese Position teilen immerhin 40 Prozent in den westlichen Bundesländern, im Osten sind es aber mit 53 Prozent mehr als die Hälfte.  Auch der Journalismus sieht eine zu westliche Perspektive als Problem – hier stimmen sogar 59 Prozent aller Befragten dem Kritikpunkt zu.

Ferner haben Bürgerinnen und Bürger aus Ost- und Westdeutschland in vielen Bereichen ähnliche Erwartungen an den Journalismus: Beispielsweise fordern sie gleichermaßen, dass er Toleranz und kulturelle Vielfalt fördern und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen soll. Und: Sowohl der Westen als auch der Osten ist der Idee der Demokratie positiv gegenüber gestimmt.

Hintergrund

Die Langzeitstudie „Journalismus und Demokratie“ untersucht jährlich, welche Erwartungen von unterschiedlichen Gruppen an den Journalismus gestellt werden, wie sehr die Gruppen dem Journalismus vertrauen und was sie an ihm kritisieren. 2024 wurden zum dritten Mal Politikerinnen und Politiker, Journalistinnen und Journalisten und die Bevölkerung in Deutschland befragt. Die Studie ist multiperspektivisch angelegt und ermöglicht eine Sicht auf die Entwicklung des Verhältnisses von Journalismus und Gesellschaft. Projektleiter sind Prof. Dr. Michael Steinbrecher und Prof. Dr. Günther Rager.

Weitere Informationen

Foto: Robin Niehaus

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