Michael Steinbrecher, Günther Rager, Hannah Schmidt und Jakob Henke haben bei der virtuellen DGPuK-Tagung „Interdisziplinäre Journalismusforschung – Journalismus interdisziplinär“ erste Ergebnisse der Befragung von über 750 Journalist*innen und rund 400 Politiker*innen vorgestelt.
Beide Gruppen wurden nach der Rolle des Journalismus in der Gesellschaft befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Erwartungen der Politiker*innen annähernd deckungsgleich mit dem Rollenselbstverständnis der Journalist*innen sind. Jedoch wird auch deutlich, dass die Politiker*innen den Journalismus ganz anders wahrnehmen: Sie unterstellen Journalist*innen beispielsweise, Meinungen und Fakten nicht klar zu trennen, dem Publikum eigene Ansichten präsentieren wollen oder gar die Regierungslinie stützen zu wollen.
Der Vergleich beider Befragungen ist in der Journalismusforschung der erste dieser Art. Er liefert Antworten auf die Frage: Passt das, was Journalist*innen mit ihrer Arbeit bewirken wollen, mit dem zusammen, was Politiker*innen vom Journalismus erwarten? Auffällig ist vor allem, dass die Erwartung der Politik mit dem Selbstverständnis der Journalist*innen in Bezug auf die Kritik, die der Journalismus an Wirtschaft, Politik und Gesellschaft übt und üben soll, übereinstimmt – jedoch klaffen Erwartung und Selbstverständnis beispielsweise im Bereich des Service- und Ratgeberjournalismus auseinander.
Während die Diskrepanzen zwischen der Erwartung der Politiker*innen und dem Selbstverständnis der Journalist*innen an vielen Stellen übereinstimmen, tun sich jedoch große Unterschiede auf, was die Fremdwahrnehmung der Politik betrifft, also: Was denken Politiker*innen, was Journalist*innen in ihrem Beruf tun wollen, was sie für wichtig halten?
Dort war unter den teilnehmenden Politiker*innen vor allem die Überzeugung groß, dass Journalist*innen dem Publikum ihre eigene Meinung präsentieren und in ihrer Argumentation bestärken wollen, und dass ihnen andererseits nicht viel daran liege, beispielsweise Meinungen und Fakten klar voneinander zu trennen. Die Journalist*innen hingegen bewerteten diese Aspekte genau gegenteilig.